8. Folge: Wir brauchen dringend die Verkehrswende

Wir brauchen dringend die Verkehrswende

 

Der Artikel aus dem Rad-Anzeiger 2-2021

Die Verkehrswende ist ein immerwährendes Thema, das uns über Jahre hinaus immer mehr beschäftigen wird. Das Mobilitätskonzept 2030+, am 25.6.2020 vom Rat der Stadt Leverkusen mit überwiegender Mehrheit (zwei Gegenstimmen) verabschiedet, hält ein ganzes Bündel an Maßnahmen bereit, um mit dem Fuß- und Radverkehr sowie dem ÖPNV die erforderliche Verkehrswende einzuleiten. Wir hoffen, dass die Bezirkspolitikerinnen und Bezirkspolitiker sowie die Ratspolitikerinnen und Ratspolitiker sich Aufgabe für Aufgabe vornehmen und kontinuierlich abarbeiten. Der ADFC Leverkusen erwartet in den nächsten Sitzungen der Bezirke und des Rates Anträge und Beschlüsse, die einer dringend erforderlichen Verkehrswende angemessen sind.

Einrichten weiterer Fahrradstraßen

Viele Maßnahmen lassen sich mit wenig Geld umsetzen:

Weitere Beschlüsse für Fahrradstraßen, beispielsweise Haberstraße, Leipziger Straße, Karl-Krekeler-Straße, Unterstraße, Felderstraße (von Unterstraße bis Friedenspark, Heinrich-Lübke-Straße, Dönhoffstraße, Herrmann-von-Helmholtz-Straße, Opladener Straße, Havensteinstraße, F.-F.-Runge-Straße, Am Kettnersbusch, weitere Beispiele liegen im „Anhang VII: Übersicht empfohlener Fahrradstraßen“ des Mobilitätskonzeptes 2030+. Die Bezirke und der Rat brauchen nur den Mut zum Beschluss.

Aber nur die Schilder setzen und eine pressewirksame Eröffnung feiern, ist zu wenig. In der Nachbarstadt Monheim werden die Verkehrsteilnehmer über die Änderung auf einfacher Art informiert. Das finden wir sehr effektiv.

Förderung des Radverkehrs durch den Bund und das Land NRW

Für die Kommunen, nicht nur in NRW, gibt es milliardenschwere Fördertöpfe. Um an das Geld heranzukommen, braucht die Stadt Leverkusen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach diesen Fördertöpfen Ausschau halten und dann mit guten Argumenten die Gelder beantragen. Hier, denken wir, mangelt es schlicht und einfach an Personal. Um die Gelder nutzen zu können, sind rechtzeitige Planungen erforderlich. Auch hier sehen wir ein Manko in der Personaldecke der Stadt. Es fehlen gute Radverkehrsplaner und Verkehrsplaner. Wo zu wenig Planer sind, da fehlt es einfach an Radverkehrsinfrastruktur. Da muss die Stadt einige Gänge zulegen. Auch hier ist die Politik gefordert, die dafür erforderlichen Stellen in der Stadtverwaltung zu genehmigen. Und dafür müssen Fachleute her, die auch natürlich entsprechend bezahlt werden wollen. Es ist, zugegebenermaßen, kein Leichtes, an gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu kommen. An die städtische Führungsetage gerichtet: Haben Sie bitte den Mut zu diesen Schritten.

Ist Tempo 30 für Leverkusen ein Thema?

Andere Länder machen es vor. Seit 11.5.2021 gilt in Spaniens Städten und Gemeinden eine Regelgeschwindigkeit von 30 km/h. Diese Maßnahme soll helfen, schwere Unfälle zu vermeiden und die Sicherheit vor allem von älteren Menschen und Kindern zu erhöhen.

Spanien reduziert als erstes EU-Land die Regelgeschwindigkeit innerorts landesweit von 50 km/h auf 30 km/h. Die neue Regelgeschwindigkeit gilt auf Straßen mit jeweils einer Fahrspur für jede Richtung. Auf allen Straßen mit nur einer Fahrspur für beide Richtungen gilt sogar Tempo 20. Damit sind 50 km/h in geschlossenen Ortschaften nur noch die Ausnahme.

Die spanische Regierung möchte damit die Verkehrssicherheit erhöhen und es der Bevölkerung erleichtern, Alltagswege zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückzulegen.

Einzelne Städte setzen bereits auf Tempo 30

Mit Brüssel, Grenoble, Helsinki, Lille, Zürich, Barcelona und Palma de Mallorca setzen international bereits mehrere große Städte auf fast flächendeckendes Tempo 30, um die Verkehrssicherheit zu verbessern.

Auch der ADFC fordert seit langem Tempo 30 innerhalb von Orten und Tempo 70 auf Landstraßen als Regelgeschwindigkeit. Höhere Geschwindigkeiten soll es nur ausnahmsweise und nur dort geben, wo sichere Radverkehrsanlagen vorhanden sind.

Die neue Bundesregierung soll es richten.

In der neuen Legislaturperiode soll sich die neue Bundesregierung damit beschäftigen und den Weg zur Gesetzes- und Regelwerksänderungen ebnen. So ist der Tenor über (fast) alle Parteien hinweg.

Tempo 50 innerhalb geschlossener Ortschaften seit 1.9.1957

Der damalige Beschluss des Bundestages, die Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften auf 50 zu reduzieren, löste heftige Kritik aus. Die Wirtschaft sah in der Reduzierung einen Bremsklotz für ihre Entwicklung in Deutschland. Andere verteufelten die 50 km/h als schleichenden Tod der Autos und sahen die Mitarbeiter der Autoindustrie in die Arbeitslosigkeit stürzen. Nichts davon hat sich bewahrheitet.

Auch wenn heute der Bundestag die Regelgeschwindigkeit innerorts auf 30 km/h beschließen sollte, würde es dem Wirtschaftswachstum nichts anhaben können. Es würden weniger Unfälle passieren und dadurch Menschenleben gerettet werden. Übrigens: ca. 75 Prozent aller Unfälle mit Verletzten oder Toten, an denen Fahrräder und Autos beteiligt sind, werden von Autofahrern verursacht. Und noch eine bedrückende Zahl: 2020 wurden 426 Radlerinnen und Radler im Straßenverkehr getötet!

Wenn also nach der Bundestagswahl die neue Regierung Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften beschließt, klatschen wir Beifall. Dann kann man auch mit dem Opladener Karnevalsmotto für 2021/2022 sagen: „Träume werden wahr“!

Beschlossene Fahrradzonen und Fahrradstraßen

Die im März beschlossenen Fahrradstraßen und Fahrradzonen können noch nicht umgesetzt werden, weil das Geld hierfür im Haushaltsentwurf für 2021 bei der Bezirksregierung zur Prüfung vorliegt. Stand 17.8.: Auf Nachfrage bei der Bezirksregierung Köln wurde die Auskunft gegeben: „Die Prüfung des Leverkusener Haushaltes 2021 ist noch nicht abgeschlossen.“ Also müssen wir auf die Umsetzung noch ein paar Wochen (Monate?) warten. Auch unser Auskunftsersuchen bei der Stadt Leverkusen mit der Frage: „Welche Ausgabenposten werden in welcher Höhe dem Radverkehr in Leverkusen für 2021 zugeschlagen?“ muss nach Meinung der Stadt Leverkusen warten, bis der Haushalt genehmigt ist. Da stolpern wir zufällig über das Kölner Karnevalsmotto für 2021/2022: „Alles hätt sing Zick“.

Bei der am 6.9.2021 eröffneten Fahrradstraße in Schlebuschrath muss die Stadt unbedingt nachbessern. Die gesamte Straße zwischen Sportplatz und der Autobahnbrücke muss dringend saniert werden. Wer die Strecke mit dem Fahrrad gefahren ist, weiß wie schlecht die Straße ist. Es wird nicht ausreichen, nur die Schlaglöcher zu füllen. Die Autobahngesellschaft widmet auch keinen Feldweg zur Autobahn um.

Sichere Fahrradabstellanlagen fehlen über das gesamte Stadtgebiet

Der Blick nach Münster macht neidisch. Die Stadt Münster plant weitere 3000 Fahrrad-Abstellanlagen. In Leverkusen haben wir erst eine Handvoll (??) Fahrrad-Abstellanlagen. Die zugesagten 5 Anlagen mit 60 verschließbaren Fahrradboxen sind bisher nirgendwo aufgetaucht. Gerade für hochwertige E-Bikes sind sichere Fahrradabstellanlagen erforderlich.

Bisher fehlt in Leverkusen für die flächendeckende Einrichtung von Fahrradabstellanlagen ein Konzept. Vor Jahren wurde beschlossen, dass der ADFC Leverkusen an der Planung beteiligt wird …………. Wir haben in dieser Richtung noch nichts gehört.

Mehr Radwege oder breitere Radwege?

Wir können es nicht oft genug sagen: Die Frage, ob wir mehr Radwege haben müssen, stellt sich erst, wenn die vorhandenen Radwege der Normbreite entsprechen. Der größte Teil der Radwege in Leverkusen ist zu schmal. Bei den Planungen hat man mehr auf die Breite der Autostraßen geachtet als auf die Breite der Radwege, obwohl die ERA (Empfehlungen für den Bau von Radverkehrsanlegen) eine klare Regelung vorgibt. Wir alle wissen, dass 60% des Verkehrsraumes dem Auto zugesprochen wurde, dem Radverkehr gerade mal 3%. Wenn also die Radfahrer doppelt so viel Verkehrsraum erhalten sollen, bedeutet das, dass der Autoverkehr nur 5% seiner Verkehrsfläche abgeben muss. Das ist der Entwicklung der Radverkehrsinfrastruktur durchaus angemessen, denn der Radverkehr hat zugenommen und braucht deshalb mehr Platz. Die Anzahl der Radfahrenden können Sie dem Artikel „Fahrradzählstellen in Leverkusen“ in diesem Heft entnehmen.

Kurt Krefft

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Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 190.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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